Ich will mal wieder Spaß!

Ich will Spaß!
Verdammt – ich will doch nur mal wieder Spaß ! Mit guten Freunden abends zusammen kochen und über Gott und die Welt reden oder auch ohne kochen bei warmen Wetter mit einer kleinen Clique draußen sitzen, mit Leuten, die mich mögen und die ich mag, wo ein Wort das andere ergibt und wir viel lachen. Wo man sich anguckt und der andere Bescheid weiß, was man jetzt gleich sagen wird in einer Unterhaltung, die von Wortwitz und leichter Ironie getragen wird. Unbeschwertheit und leichte Beschwingtheit, nicht mit Oberflächlichkeit zu verwechseln.

Eine ganz besondere Atmosphäre, die man in vergangenen Zeiten so selbstverständlich angenommen und selbst dazu beigetragen hat. Mit klingenden Gläsern, Kerzen auf dem Tisch, beinahe so wie in einer TV-Werbesendung für ein alkoholisches Getränk. Welch illusorische Idylle! Aber so etwas hat es in meiner Vergangenheit wirklich gegeben. Alles Negative ließ sich für eine Weile mühelos ausblenden.
Das will ich wieder haben! Es geht dabei nicht darum sich die Welt schön zu saufen, sondern sie unvernebelt mit liebevoller Ironie zu ertragen. Sich wohl, aufgehoben und zuhause zu fühlen. Harmonie als Illusion? Egal. Vernünftig, realistisch, rational können wir morgen wieder sein. Harmonie ist immer möglich, wenn auch nur für ein paar Stunden.

Wo sind sie hin diese Zeiten, die sich in der Jugend, im Studium, während der ersten Zeit als junge Eltern häufig ergaben? Wann ist diese Leichtigkeit verloren gegangen? Und wo sind die Menschen hin, mit denen man sie erlebt hat? Sie sind ja zum Teil noch da, aber – sehr viel älter geworden – verhalten sich oftmals anders. Der Rückzug ins rein Private hat schon lange begonnen. Viele igeln sich in ihren Wänden total ein. Nur in Gesprächen unter vier Augen erfährt man von den vielen Sorgen, die einzelne haben. „Unter jedem Dach ein Ach“; Krankheiten, Trennungen, Süchte, berufliche Niederlagen reduzieren die Kontaktfreude oft um ein Wesentliches.
Ich will mal wieder Spaß trotz meiner unheilbaren Erkrankung. Es würde mir so gut tun und mich zeitweilig aus dem Hamsterrad der Beschäftigung mit meiner und der Krankheit anderer, um die ich mich kümmere, heraus zu holen. Positive Ablenkung gibt mir immer viel Kraft.
Ich habe den ein oder anderen gezielt auf mein egoistisches „Spaß-Problem“ angesprochen und statt mich ungläubig anzusehen und mir zu entgegnen, sie wüssten gar nicht, was ich meine und ich hätte wohl die falschen oder gar keine richtigen Freunde, wussten sie sofort, wovon ich spreche. Aha. „Ja, es stimmt, jetzt wo du das sagst. Ich vermisse das auch.“
Es gab zwischen uns sogar den Versuch gesamtgesellschaftliche Erklärungsansätze für dieses Phänomen zu finden. Zwischenmenschliche Entfremdung im Kapitalismus. Gähn! Das möchte ich jetzt wirklich nicht vertiefen.
Natürlich löst sich das Problem nicht mit einer Erkenntnis. Es ist zum Beispiel unheimlich schwierig und aufreibend auch nur für eine kleine Gruppe, die sich gerne verabreden möchte, einen gemeinsamen Termin zu finden, an dem jeder kann und möchte. Alle sind so eingespannt oder eingespannt und gleichzeitig erschöpft. Damit geht es doch immer schon los.
Nur selten gibt es unvermutet doch die ein oder andere Perle der Unterhaltung. Da lässt sich nichts erzwingen. Ich weiß die Gespräche in einer anheimelnden Atmosphäre mehr zu schätzen als früher. Sie klingen längere Zeit in mir nach und wärmen dann mein Herz.